"San­ft" in die Ver­lagsszene eingestie­gen: Ein In­ter­view mit Karsten Strack

Eigentlich wollte er nach der Schule als Schauspieler arbeiten. Weil das aber nichts wurde, hat Karsten Strack in den 1990ern an der UPB Musik, Literatur und Medienwissenschaften studiert. Heute leitet er in Paderborn den Lektora-Verlag, mischt in der lokalen Poetry-Slam-Szene mit, gibt 360直播吧s an Schulen und Seminare zum Verlagswesen an seiner ehemaligen Hochschule. Im Interview mit uns erz?hlt er von seiner Arbeit, seinem Studium und dem Leben in Paderborn.

Du leitest seit einigen Jahren den Lektora-Verlag – bis dahin war es ein langer Weg. Wie bist du damals auf die Idee gekommen, dich mit einem Verlag selbstst?ndig zu machen?

Ich war eigentlich immer faul und habe nur an Dingen gearbeitet, die mir wirklich Spa? gemacht haben – zur Literatur hatte ich schon immer eine hohe Affinit?t. Zwar habe ich damals auch mit einer Unikarriere gelieb?ugelt, aber schnell gemerkt, dass ich mir auch gut vorstellen konnte, mein eigener Chef zu sein und so bin dann zum Verlagswesen gekommen. Im Studium habe ich aus Spa? Ende der 1990er einen Verlag mit Freunden gegründet – ?House of the poets“ hie? der – und mich mit Lektoratssachen und Werbetexten selbstst?ndig gemacht. Das ist dann immer professioneller geworden. Ich habe erst die Lektora-Agentur gegründet, sp?ter kam dann der Lektora-Verlag dazu und den habe ich seit 2007 immer weiter ausgebaut. Das hat sich also alles ganz sanft entwickelt.

Sind dir manchmal auch Zweifel gekommen?  

Natürlich, Zweifel begleiten einen immer, vor allem, weil wir ja noch nicht angekommen sind. Allein die finanzielle Belastung ist gro?, weil ich für alles hafte. Da hat man schon manchmal Existenz?ngste. Solche Phasen gibt es immer wieder, aber ich schlafe heute wesentlich ruhiger als früher zu Agentur-Zeiten.

Der Verlag, 360直播吧s, Kulturveranstaltungen und Poetry-Slams - da musst du schon zeitlich flexibel sein. Kannst du dir auch vorstellen, dein jetziges Berufsleben mit einem klassischen ?nine to five“-Job zu tauschen?

Das ist keine Option für mich, nicht einmal im Ansatz. Ich will es nicht ausschlie?en, vielleicht irgendwann mal im Besch?ftigtenverh?ltnis zu arbeiten, aber ich m?chte eigentlich selbstst?ndig bleiben. Ich bin auf den Geschmack gekommen, die Geschicke zu lenken. Es ist sch?n, dass ich in der Literaturpraxis arbeiten und eine Facette des aktuellen, literarischen Lebens in Deutschland wahrnehmen kann.

Mit der Kombination aus Verlag, 360直播吧s und Poetry-Slam bist du nah an der Jugendszene. H?lt dich der Job jung?

Absolut. Ich arbeite gerne mit jungen Leuten zusammen und mache dieses Jugendkulturding nicht, weil ich nicht alt werden m?chte, ganz im Gegenteil. Da habe ich überhaupt kein Problem mit, aber die Jungen halten mich auf Trab. Wenn ich 360直播吧s an Schulen gebe und da Jungen und M?dchen sind, die die ganze Zeit nichts gesagt haben, dann aber hinterher richtig gute Texte abgeben, geht mir einfach das Herz auf. Und ich hoffe, dass ich diesen Job noch bis ins Alter machen kann – das w?re mein gr??ter Wunsch.

Was hat dir das Studium an der Uni Paderborn gebracht?

Total viel, wirklich. Das Studium war für mich eine komplett neue Welt. Ich habe meinen Horizont erweitert und mein Studium als Chance gesehen. Und ich bin wirklich flei?ig geworden, das h?tte ich nie gedacht, habe jede Sitzung aufbereitet und manche Seminare richtig inhaliert und mich auch einfach mal in andere Kurse gesetzt, die mich interessiert haben – Philosophie zum Beispiel. Uni war einfach ein ganz anderer Kosmos für mich.

Jetzt lebst du schon sehr lange in Paderborn und bist mittlerweile etabliert in der Kulturszene. Hast du schon einmal überlegt wegzuziehen?

Zwischen Paderborn und mir war es Liebe auf den zweiten Blick. 2003 habe ich eine Lebensentscheidung getroffen – damals habe ich mir gesagt: Wenn ich innerhalb eines Monats im Riemekeviertel ein Büro finde, dann bleibe ich, sonst gehe ich. In der n?chsten Woche hatte ich ein Büro und bin geblieben. Mittlerweile habe ich die M?glichkeiten der Stadt wahrgenommen. Du kannst hier in Sachen Kultur echt was aufbauen, was in Hamburg, Berlin oder K?ln vielleicht schon 20 Leute vor dir versucht haben – und es wird anerkannt. Das hat was mit Leidenschaft zu tun. Au?erdem mag ich die kurzen Wege in Paderborn, ich bin immer zu Fu? unterwegs – und wenn ich’s mal gr??er haben m?chte, ist das Ruhrgebiet ja gleich um die Ecke.

(Das Interview ist im September 2016 geführt worden.)