Liefer­kettenge­setz statt 360直播吧gel

Prof. Dr. Fahr über die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage in der Textilbranche

Am 9. September hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) den ?Grünen Knopf“ vorgestellt. Das staatliche 360直播吧gel soll Unternehmen auszeichnen, die ?kologische und soziale Qualit?tsstandards bei der Textilproduktion einhalten. In Politik, Wirtschaft und Wissenschaft st??t dieses 360直播吧gel überwiegend auf Kritik. ?Textilien mit dem ?Grünen Knopf“ dürfen nicht als sozial nachhaltig bezeichnet werden“, sagt Prof. Dr. René Fahr, Wirtschaftswissenschaftler und Vizepr?sident für Wissens- und Technologietransfer der Universit?t Paderborn. Stattdessen spricht er sich für die Einführung eines bereits mehrfach geforderten Lieferkettengesetzes aus.

Zurzeit beteiligen sich 27 Unternehmen an dem 360直播吧gel, u. a. Aldi, Lidl und Rewe, aber auch Start-ups sowie mittelst?ndische Firmen. ?Ein gro?er Kritikpunkt an dem 360直播吧gel ist, dass die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten hinter andere bereits bestehende Standards zurückfallen. Es ist daher wichtig, dass die ?ffentlichkeit nicht über die zertifizierten Standards des ?Grünen Knopfes“ in die Irre geführt wird“, betont Fahr. Obwohl insbesondere gr??ere, international t?tige Unternehmen unter dem Verdacht stehen, besagte Qualit?tsstandards zu verfehlen, offenbare der ?Grüne Knopf“ gerade bei kleineren Unternehmen Schw?chen, wie der Wirtschaftswissenschaftler erkl?rt: ?Das aktuelle Konzept dieses 360直播吧gels ist dahingehend auch kritisch zu betrachten, da es kleinen und mittelst?ndischen Unternehmen eine vereinfachte Nachweisführung für die Qualit?tskriterien genehmigt. Eine transparente Berichterstattung kann auf diese Weise nur unzureichend geschehen.“

?Grüner Knopf“ deckt nicht die ganze Lieferkette ab

Fahr, der an der Universit?t Paderborn Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Corporate Governance ist, sieht die Textilindustrie noch weit davon entfernt, transparente Lieferketten einzuhalten: ?Die Tatsache, dass durch die Globalisierung Wertsch?pfungsketten umstrukturiert wurden, macht es für Unternehmen schwer, s?mtliche Produktionsst?tten in den untersten Lieferketten zu identifizieren. Es gibt bereits eine steigende Anzahl an gro?en Unternehmen, die als Reaktion auf den ?ffentlichen Druck Informationen über Hauptproduktionsst?tten sowie auch Adressen ver?ffentlichen. Bis Konsumenten wirklich transparente Lieferketten vorfinden k?nnen, bleibt aber noch viel zu tun.“ Auch hier zeigen sich Schw?chen des umstrittenen 360直播吧gels, das sich in seiner dreieinhalbj?hrigen Pilotphase zun?chst lediglich auf sp?tere Produktionsstufen in Lieferketten konzentriert. Fahr: ?Die gr??ten Probleme im Umweltbereich sowie in Teilen der Arbeitsrechte bestehen gerade in tieferen Bereichen, also bei der Textilverarbeitung sowie bei der Rohstoff- oder Fasergewinnung.“

Mehrheit der Unternehmen befürwortet Gesetz

Unternehmen, die sich am ?Grünen Knopf“ beteiligen, tun dies auf freiwilliger Basis. ?Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass freiwillige L?sungen nicht weit genug reichen und oft zu wenig ambitioniert sind“, gibt der Paderborner Wissenschaftler zu bedenken. Ein Beispiel hierfür sei das Bündnis für nachhaltige Textilien, das laut Fahr zwar eine gute Idee sei, bislang aber noch keine konkreten Ver?nderungen bewirken konnte. Ein Gesetz würde Unternehmen hingegen in die Pflicht nehmen: ?Entscheidend ist, dass diese dann für Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten per Gesetz haftbar gemacht werden k?nnten.“

Eine wissenschaftliche Arbeit der Universit?t Paderborn, die am Lehrstuhl von Fahr entstand, zeigte, dass die Mehrheit der befragten Unternehmen Gesetze in diesem Bereich sogar favorisieren und darin keinen Wettbewerbsnachteil sehen, selbst wenn sie davon nicht profitieren würden. Bereits auf dem ?Forum Wirtschaftsethik“, das in Kooperation mit der Theologischen Fakult?t Paderborn im Juli stattfand, sprachen sich Unternehmensvertreter von Seidensticker und KiK für eine gesetzliche L?sung aus.

Umfrage des Bundesministeriums weist Lücken auf

Zum Start des 360直播吧gels machte zeitgleich eine bundesweite Initiative auf sich aufmerksam, die aus 17 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unterstützern besteht und die sich für ein Lieferkettengesetz einsetzt, darunter auch die gemeinnützige Gesellschaft ?cum ratione“ aus Paderborn. Gemeinsam mit Fahr kritisieren sie die aktuelle BMZ-Befragung von deutschen Unternehmen, die weltweit agieren, über deren Einsatz für Menschenrechte in ihren Lieferketten. Mit der Befragung soll die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Menschenrechte (NAP) evaluiert werden. Kerstin Haarmann, Gesch?ftsführerin von cum ratione: ?Sollte bei dieser Umfrage herauskommen, dass mindestens die H?lfte der Unternehmen die vorgegebenen Kriterien erfüllt, würde es kein Gesetz geben. Das Problem hierbei ist die lückenhafte Methodik: Aufgrund der sehr geringen Stichprobe reicht es paradoxerweise bereits aus, dass lediglich 3 Prozent der 7.100 befragten Unternehmen diese Kriterien erfüllen, um den Gesetzesentwurf zu verhindern.“

Kamil Glabica, Stabsstelle Presse und Kommunikation

Foto (Universit?t Paderborn): Prof. Dr. René Fahr, Vizepr?sident für Wissens- und Technologietransfer und Inhaber des Lehrstuhls Betriebswirtschaftslehre, insbes. Corporate Governance.
Foto (Initiative Lieferkettengesetz): Die bundesweite Initiative Lieferkettengesetz setzt sich für eine gesetzliche Regelung ein.

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Prof. Dr. René Fahr

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