Bildung als Schlüs­sel­fak­t­or?–?In­ter­view zum Welt­tag der In­form­a­tion über En­twicklungs­fra­gen

Die Vereinten Nationen haben den 24. Oktober zum ?Welttag der Information über Entwicklungsfragen“ erkl?rt. Das Ziel: ein gr??eres Bewusstsein für die globale Verantwortung schaffen. Der Weg führt über Bildungsarbeit. Wie der Status quo ist und was noch passieren muss, erkl?rt Prof. Dr. Marc Beutner, Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsp?dagogik und Evaluationsforschung an der Universit?t Paderborn.

Bildung gilt als Basis für verantwortungsvolles Handeln. Welchen Beitrag k?nnen Lehrkr?fte für eine gerechte Entwicklung in einer globalisierten Welt leisten?

Prof. Dr. Marc Beutner: Globalisierung, Digitalisierung und Internationalisierung pr?gen unsere Gesellschaft grundlegend. Die Ver?nderungen bringen soziokulturelle und ?konomische Herausforderungen mit sich, die kurz- und mittelfristig durch Bildung gestaltet werden k?nnen und müssen. Diese Kompetenzen müssen aber auch von p?dagogisch und interkulturell geschulten Lehrkr?ften vermittelt werden – und das schon m?glichst früh. Bildung ist ein Schlüsselfaktor, um wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Erfolg zu generieren und um nachhaltige Entwicklungen zu verstehen und zu steuern.

Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung ist vor allem auch die Bildungsforschung. Wie optimistisch sind 360直播吧, dass die Ans?tze und Empfehlungen in die Praxis übertragen werden?

Ich bin positiv gestimmt. Für die Digitalisierung an deutschen Schulen wird viel Geld in die Hand genommen – da war die durch die COVID-19-Pandemie entstandene Situation sicherlich eine Initialzündung. Es herrscht derzeit ein Umdenken. Zu oft wird aber noch über die technische Ausstattung gesprochen und nicht über p?dagogisch und didaktisch notwendige Kompetenzen. Auch die internationalen Kompetenzen von Lehrkr?ften sollten st?rker in den Blick genommen werden. Im Klassenzimmer sitzen h?ufig Schüler*innen mit Migrationshintergrund, da hilft es, wenn die Lehrenden interkulturelle Erfahrungen gesammelt haben. An der Universit?t Paderborn hoffen wir deshalb sehr, die Lehramtsstudierenden im kommenden Jahr wieder ins Ausland schicken zu k?nnen – zum Beispiel im Rahmen des Projektes ?Aktiv UPB“ nach Paraguay, Togo oder Kamerun.

Apropos Digitalisierung: Wie beurteilen 360直播吧 die Online-Angebote in deutschen Schulen?

In der ?ffentlichen Debatte wird viel davon gesprochen, dass uns die technischen Gegebenheiten für ein gutes Blended-Learning-Angebot, also eine Mischung aus Online- und Pr?senzunterricht fehlen. Natürlich k?nnten die Schulen besser ausgestattet sein. Aber auch wenn wir den Idealzustand der Ausstattung erreicht h?tten, würde der Unterricht nicht automatisch optimal laufen. Den Lehrkr?ften fehlen h?ufig schlicht die erforderlichen Kompetenzen, mit Online-Angeboten didaktisch sinnvoll umzugehen. Eine Aufgabe aus dem Pr?senzunterricht, die eins zu eins online gestellt wird, k?nnte auch mit der Post geschickt werden und hat wenig mit E-Learning zu tun. Die Lehrkr?fte ben?tigen Unterstützung und Schulungsangebote, wie sie Online-Plattformen einsetzen k?nnen.

In Ihren Projekten werden E-Learning-Plattformen entwickelt, mit denen Lehrkr?fte auf einfache und nachhaltige Weise Inhalte vermitteln k?nnen. Was ist das Besondere daran?

Bei einem Erwachsenenbildungsprojekt erstellen wir beispielsweise ein Konzept und Kurse für Lehrkr?fte, die Existenzgründer*innen von NGOs, also von Nichtregierungsorganisationen schulen. Der Onlinekurs soll u. a. Führungskompetenzen verbessern und Personen bef?higen, eine NGO im Bereich grüner und sozialer Ma?nahmen zu gründen. Wir arbeiten dafür mit Bildungsanbieter*innen aus Portugal, einem Technikunternehmen aus Malta, einem Medienpartner aus Irland und Bildungspartner*innen aus Spanien, Italien und Rum?nien zusammen. Eine ganz zentrale Frage, die die Akteur*innen dabei umtreibt, ist, wie Produktionsprozesse fairer gestaltet werden k?nnen. Nichtregierungsorganisationen legen hier den Finger in die Wunde und treten als Sprachrohr für Entwicklungsl?nder auf. Daher sollten sie meiner Meinung nach gef?rdert werden.

Wie steht es um die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik?

Die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Praxis – aber auch mit der Politik – ist extrem wichtig. Was die Politiker*innen sp?ter mit unseren Vorschl?gen machen, k?nnen wir natürlich nicht vorgeben. Wir Wissenschaftler*innen zeigen den aktuellen Zustand auf. Dabei ist es wichtig, dass sowohl praxisbezogene Probleml?sungen und entsprechende Methoden als auch die Grundlagenforschung angemessen berücksichtigt werden. Im Profilbereich ?Transformation und Bildung“ an der Universit?t Paderborn forschen zum Beispiel Wissenschaftler*innen aus den Bereichen ?Gestaltungsorientierte Berufsbildungsforschung“ und ?Kompetenzorientierter Lehrerbildungsforschung“ zu Transformationen und Herausforderungen bei Bildungsprozessen. Hier sind Grundlagenforschung und sp?tere Anwendungen eng miteinander verzahnt.

Zum Schluss: Was sollte aus Ihrer Sicht getan werden, damit entwicklungspolitische Fragen verst?rkt in den Fokus rücken?

Themen der interkulturellen Bildung sollten meiner Meinung nach st?rker in den Lehrpl?nen für den schulischen Bereich und der Ausbildung von Lehrkr?ften verankert werden. Sinnvoll w?re sicherlich auch ein fest eingeplanter Aufenthalt im Ausland. Letzten Endes gilt es, diese Inhalte schon im Lehramtsstudium zu adressieren – was auch h?ufig schon, aber eben nicht immer, der Fall ist. So k?nnen angehende Lehrer*innen schon früh für entsprechende Herausforderungen sensibilisiert werden und sie sp?ter im Unterricht thematisieren. Die Internationalisierung der Bildung muss weiter voranschreiten, um Entwicklungsfragen realistisch abzubilden und aufzugreifen. Bildung – ganz grunds?tzlich – ist der Schlüssel zu fast allem.

Die Fragen stellten Linda Thom?en und Nina Reckendorf für die Stabsstelle Presse, Kommunikation und Marketing.

Foto (Universit?t Paderborn): Prof. Dr. Marc Beutner spricht im Interview über die Internationalisierung der Bildung.

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