Gender Mainstreaming
Gender Mainstreaming wurde zun?chst auf der dritten Weltfrauenkonferenz 1985 in Nairobi für die Entwicklungszusammenarbeit gefordert. Als verpflichtende Empfehlung wurde es in der Platform for Action der vierten Weltfrauenkonferenz 1995 in Beijing verankert, 1999 nahm die Europ?ische Union Gender Mainstreaming in den Amsterdamer Vertrag auf. Gender Mainstreaming ist in der BRD aufgrund der Unterzeichnung dieses Vertrags für Bundespolitik und Bundesverwaltung in allen Bereichen bindend (vgl. Wegrzyn 2014: Absatz 1).
Durch die Verpflichtung auf Gender Mainstreaming als gleichstellungspolitische Strategie müssen alle geplanten Ma?nahmen, wie Aktionsprogramme und politische Konzepte in der Politik und in anderen Organisationen und Institutionen, vorab in Bezug auf ihre Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und M?nnern hin untersucht und bewertet werden (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung; Stiegler 2010), womit anerkannt wird, dass Frauen und M?nner weiterhin über unterschiedliche Teilhabechancen verfügen (vgl. Wegrzyn 2014: Absatz 2). Daher sind grunds?tzlich die unterschiedlichen Lebenslagen und Interessen von Frauen und M?nnern sowie die Auswirkungen auf beide Geschlechter zu berücksichtigen. Gibt es m?glicherweise illegitime negative Effekte für ein Geschlecht, dann müssen zun?chst Ma?nahmen zur Gleichstellung ergriffen werden (vgl. Holzleithner 2002: 143). Cordes (2010: 928) bezeichnet Gender Mainstreaming daher auch als ?Gleichstellungsvertr?glichkeitsprüfung“.
Gender Mainstreaming stellt eine Erg?nzung zu traditionellen Ans?tzen der Gleichstellungspolitik dar, so dass weiterhin separate Antidiskriminierungsbestimmungen und Regelungen zur Frauenf?rderung existieren. W?hrend für die Umsetzung von Gleichstellungspolitik vor allem Gleichstellungsbeauftragte zust?ndig sind, stellt Gender Mainstreaming Cordes (2010: 929) zufolge grunds?tzlich eine ?Gemeinschaftsaufgabe“ dar, die auch die politisch-administrative Ebene erfolgt sowie die Politik in Verantwortung nimmt. Voraussetzung zu einer erfolgreichen Implementierung stellt aber eine Gendersensibilit?t bzw. Genderkompetenz dar (vgl. ebd.), die neben Wissen über gesellschaftliche Machtverh?ltnisse und Strukturen vor allem Haltung und Reflexionskompetenz der beteiligten Akteur*innen erfordert. Aus diesem Grunde und u. a. aufgrund der Gefahr der Festschreibung von Geschlechterstereotypen werden vor allem von feministischer Seite immer wieder Zweifel am Erfolg dieses Konzepts ge?u?ert – Wetterer (2005) spricht gar von einer ?Redramatisierung der Geschlechterunterscheidung“ (zit. nach Stiegler 2010: 934). Zur Kritik an diesem Konzept vgl. ausführlicher Wegrzyn 2014: Absatz 3.
(Weiterführende) Literatur:
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BFFSFJ) (2021): Gender Mainstreaming. Stand: 28.12.2021. Verfügbar unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/gleichstellung-und-teilhabe/strategie-gender-mainstreaming/gender-mainstreaming-80436. Letzter Zugriff: 02.08.2022.
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): Gender-Mainstreaming. Verfügbar unter: https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/17522/gender-mainstreaming/. Letzter Zugriff: 02.08.2022.
Cordes, Mechthild (2010): Gleichstellungspolitiken: Von der Frauenf?rderung zum Gender Mainstreaming. In: Becker, Ruth/Kortendiek, Beate (Hrsg.) unter Mitarbeit von Budrich, Barbara/Lenz, Ilse/Metz-G?ckel, Sigrid/Müller, Ursula/Sch?fer, Sabine: Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung: Theorie, Methoden, Empirie. 3. erweiterte und durchgesehene Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaft, S. 924-932.
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Holzleithner, Elisabeth (2002): Gender mainstreaming. In: Metzler Lexikon Gender Studies / Geschlechterforschung. Ans?tze – Personen – Grundbegriffe. Hrsg. von Knoll, Renate. Stuttgart: J. B. Metzler, S. 142f.
Klammer, Ute (2019): Gleichstellungspolitik: wo Geschlechterforschung ihre praktische Umsetzung erf?hrt. In: Kortendiek, Beate/Riegraf, Birgit/Sabisch, Katja (Hrsg.): Handbuch interdisziplin?re Geschlechterforschung, Bd. 2. Wiesbaden: Springer VS, S. 983-992.
Pinl, Claudia (2002): Gender Mainstreaming – ein untersch?tztes Konzept. APuZ 33-34/2002 [Geschlechter-Gerechtigkeit/Gender], S. 3-5. Verfügbar unter: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/26758/geschlechter-br-gerechtigkeit-gender/. Letzter Zugriff: 02.08.2022.
Rendtorff, Barbara (2011): Gender Mainstreaming [Stichworte und Begriffe aus der Geschlechterforschung]. In: Rendtorff, Barbara/Mahs, Claudia/Wecker, Verena (Hrsg.): Geschlechterforschung. Theorien, Thesen, Themen zur Einführung. Stuttgart: Kohlhammer, S. 223f.
Stiegler, Barbara (2010): Gender Mainstreaming: Fortschritt oder Rückschritt in der Geschlechterpolitik? In: Becker, Ruth/Kortendiek, Beate (Hrsg.) unter Mitarbeit von Budrich, Barbara/Lenz, Ilse/Metz-G?ckel, Sigrid/Müller, Ursula/Sch?fer, Sabine: Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung: Theorie, Methoden, Empirie. 3. erweiterte und durchgesehene Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaft, S. 933-938.
Wegrzyn, Eva (2014): Gender Mainstreaming. In: Gender Glossar / Gender Glossary (4 Abs?tze). Verfügbar unter: https://www.gender-glossar.de/post/gender-mainstreaming. Letzter Zugriff: 02.08.2022.
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