?Gen­der Ter­ror“ – Dis­kus­si­on um die Be­deu­tung von ?Gen­der“ an der Uni­ver­si­t?t Pa­der­born

Die gegenw?rtig zu beobachtenden, stark emotional aufgeladenen, vorurteilsbehafteten und populistischen Angriffe auf Genderforschung und ihre Ursachen – das war Gegenstand der Tagung ?Gender Terror“, die am 6. November an der Universit?t Paderborn in Kooperation mit der Universit?t Kassel stattfand. Das Zentrum für Geschlechterstudien/Gender Studies, die Gleichstellungsbeauftragte, die Fakult?t für Kulturwissenschaften der Universit?t Paderborn sowie die IAG Frauen- und Geschlechterforschung der Universit?t Kassel organisierten die Veranstaltung, die mit etwa 150 Teilnehmenden auf gro?es Interesse stie?. Prof. Dr. Britt-Marie Schuster und Dr. Thomas Schroedter von der Universit?t Paderborn sowie Prof. Dr. Mechthild Bereswill von der Universit?t Kassel trugen unter den provokant formulierten Titeln ?Der Gender-Wahn verhunzt die Sprache!“, ?Weg mit diesem ?Gender‘!“ und ?Schluss mit der Debatte – Frauen sind doch l?ngst gleichberechtigt!“ vor. Die sich anschlie?ende Podiumsdiskussion drehte sich um die Frage ?Gender: Fluch oder Segen?“ und wurde von Prof. Dr. Barbara Rendtorff, Universit?t Paderborn, moderiert.

Barbara Rendtorff erl?uterte in ihrer Begrü?ung den Begriff ?Gender“ und skizzierte einige der Ressentiments, denen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen begegnen, die sich im Forschungsfeld bewegen. Weil es den ?Genderhassern“ h?ufig an Sachkenntnis fehle, komme es zu den populistischen Aussagen, um die sich die Veranstaltung drehe. Dass Geschlechterforschung eine Wissenschaft ist, so Birgit Riegraf, Vizepr?sidentin für Lehre, Studium und Qualit?tsmanagement, in ihrem Gru?wort, werde gegenw?rtig erneut in Frage gestellt. Diese Angriffe gegen Geschlechterforschung seien aber ein Angriff auf Wissenschaft insgesamt und f?nden in einem Klima statt, in dem weltweit Intellektuellen- und Wissenschaftsfeindlichkeit zunehme.

Die Linguistin Britt-Marie Schuster kl?rte in dem Vortrag ?Der Gender-Wahn verhunzt die Sprache“ über die verurteilende Wirkung des Gebrauchs von W?rtern wie ?verhunzen“ auf, bevor sie die typischen sprachlichen Vorurteile über Gender n?her beleuchtete. 360直播吧 stellte die Ergebnisse ihrer Studien von 1.000 Leserkommentaren zu Zeitungsartikeln über Gender vor. Verhunzung der Sprache bedeute für manch einen Kommentator schon die Verwendung des Suffix -in. ?Dabei wird vergessen, dass diese Endung schon seit mehreren Jahrhunderten gebraucht wird und es etwa bis Anfang des 19. Jahrhunderts üblich war, die weibliche Form von Gast zu verwenden: G?stin“, gab Schuster zu bedenken.

Der Soziologe Thomas Schroedter zeigte, dass Aussagen wie ?Weg mit diesem ?Gender‘!“unter anderem im Milieu der ?Maskulinisten“ zu finden sei. ?Diese Bewegung folgt vollkommen veralteten und l?ngst überholten Theorien, wie dem naturgegebenen Unterschied zwischen den Gehirnen von M?nnern und Frauen“, so Schroedter. Doch nicht nur Maskulinisten, auch christliche Einrichtungen etwa trügen zur Stigmatisierung der Geschlechter bei, indem sie die Einstellung der Genderforschung mit der Begründung forderten, sie sei nicht wissenschaftlich. Deshalb bleibe die zu kl?rende Frage: Wovor haben Gegner der Genderforschung Angst?

Die Soziologin Mechthild Bereswill setzte in ihrem Vortrag ?Schluss mit der Debatte – Frauen sind doch l?ngst gleichberechtigt!“ ebenfalls an der Beobachtung an, dass wissenschaftliche Befunde zum ?Gender“ nicht immer ernstgenommen würden. Genderforschung würde als St?rung der Ordnung wahrgenommen. Die Aussage ihres Vortragstitels enthalte einen aversiv-ma?regelnden Unterton, der die Autorit?t des Senders unterstreiche, w?hrend er den Empf?nger – in diesem Fall Genderforschende – in unterlegene Position bringe. ?Es muss beachtet werden, welche unausgesprochenen und versteckten Botschaften in einer solchen Aussage stecken“, so Bereswill. Eine differenzierte Debatte sei erst m?glich, wenn die Gleichheits- und Ungleichheitsverh?ltnisse zwischen den Geschlechtern zur Sprache gebracht werden k?nnten.

In der abschlie?enden Diskussionsrunde erl?uterten die Referierenden ihre Sicht zu ?Gender: Fluch oder Segen?“. Dabei wurde etwa das Theoriepotenzial des Begriffs und dessen Eignung als wissenschaftliches Diagnoseinstrument gelobt, aber auch die Ungenauigkeit und die manchmal negative Konnotation des Begriffs angeprangert.
 

Text: Alena Gold

Foto (Universit?t Paderborn, Johannes Pauly): Die Organisatoren und Referierenden der Diskussionsrunde ?Gender Terror“.
Foto (Universit?t Paderborn, Johannes Pauly): Die Organisatoren und Referierenden der Diskussionsrunde ?Gender Terror“.
Foto (Universit?t Paderborn, Johannes Pauly): Gruppenbild
Foto (Universit?t Paderborn, Johannes Pauly): (v. l.) Prof. Dr. Volker Peckhaus, Dekan der Fakult?t für Kulturwissenschaften, Prof. Dr. Birgit Riegraf, Vizepr?sidentin für Lehre, Studium und Qualit?tsmanagement, Dr. Thomas Schroedter, Allgemeine Soziologie, Prof. Dr. Mechthild Bereswill, Soziologin an der Universit?t Kassel, und Britt-Marie Schuster, Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft.