Themenspecial ?Künstliche Intelligenz“
Im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gef?rderten Wissenschaftsjahr dreht sich 2019 alles um das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Schon heute bestimmen Anwendungen, die auf Digitalisierung und Maschinellem Lernen beruhen, weite Bereiche unseres Lebens: Von virtuellen Assistenzsystemen über Industrieroboter bis hin zu humanoiden Pflegekr?ften – die intelligenten Maschinen nehmen uns viel Arbeit ab. Wie diese Systeme funktionieren und welche gesellschaftlichen Implikationen es dabei gibt, er?rtern Paderborner Wissenschaftler*innen im Rahmen eines Themenspecials. Dabei liegt der Fokus auf ihrer Forschung, mit der sie die Entwicklung mitgestalten.
Wie Künstliche Intelligenz Unternehmen und Einsatzkr?fte unterstützen kann
Von den einen werden qualitativ hochwertige Produkte erwartet, die effizient und ressourcenschonend produziert sind und im globalen Wettbewerb bestehen, bei den anderen geht es im Zweifelsfall um Leben und Tod: Industrieunternehmen und Einsatzkr?fte des Zivil- und Katastrophenschutzes stehen unter enormem Druck. Prof. Dr.-Ing. Rainer Koch und sein Team vom Fachgebiet ?Computeranwendung und Integration in Konstruktion und Planung“ der Universit?t Paderborn erforschen, wie sich Konstruktions- und Planungsprozesse in der Industrie sowie im Zivil- und Katastrophenschutz durch den Einsatz von Informationstechnologien optimieren lassen. Dabei k?nnte Künstliche Intelligenz künftig eine wichtige Rolle spielen und Unternehmen wie Einsatzkr?fte entlasten.
Durchblick im Daten-Dschungel
In Konstruktions- und Planungsprozessen von Unternehmen werden Daten generiert, die durch vernetzte Systeme abruf- und auswertbar sind und gewinnbringend eingesetzt werden k?nnen. Doch es gibt ein Problem: Das menschliche Gehirn hat Schwierigkeiten, Muster und Strukturen in gro?en Datenmengen zu erkennen. Hier kommt Künstliche Intelligenz ins Spiel: ?Künstliche Intelligenz ist in der Lage, in gro?en Datenmengen Muster und Zusammenh?nge zu erfassen. So lassen sich industrielle Prozessdaten gezielt auswerten. Darauf aufbauend kann ein Unternehmen seine Produktionsabl?ufe optimieren, effizienter arbeiten und Ressourcen schonen“, erl?utert Rainer Koch.
3D-Druck mithilfe von Künstlicher Intelligenz
Schon heute l?sst sich das sogenannte ?Maschinelle Lernen“ in der Industrie einsetzen – etwa in der additiven Fertigung, auch bekannt als 3D-Druck. Beim Maschinellen Lernen, einem Teilgebiet von Künstlicher Intelligenz, trifft eine KI auf Basis von Daten Entscheidungen. ?In der additiven Fertigung k?nnen mit Künstlicher Intelligenz beispielsweise kleinste Fehler w?hrend der Fertigung erkannt werden. Daneben kann eine KI aus den vorherrschenden Umst?nden bei der Produktion und der Nutzung eines Bauteils vorhersagen, ob und wo Fehler zu erwarten sind“, erkl?rt Koch und erg?nzt: ?Künstliche Intelligenz kann au?erdem helfen, die Prozesse der additiven Fertigung zu unterstützen, indem etwa der Bauraum automatisch nach zuvor definierten Anforderungen wie Oberfl?chengüte, Steifigkeit oder Festigkeit genutzt wird.“
Im Forschungsprojekt ?OptiAMix“ entwickeln Koch und sein Team durchg?ngig automatisierte Produktentstehungsprozesse für additiv gefertigte Bauteile. Dabei setzen sie zukünftig auch auf Künstliche Intelligenz: ?In unserem Projekt werden verschiedene KI-gestützte Verfahren evaluiert, um z.B. Bauteile effizienter ausw?hlen zu k?nnen“, so Koch.
Im Einsatzfall werden ausgewertete Social-Media-Daten bereitgestellt
Wie in der industriellen Produktion kann Künstliche Intelligenz auch im Zivil- und Katastrophenschutz helfen. Rainer Koch: ?KI-Systeme k?nnen den Entscheidungsprozess unterstützen, indem sie im Hintergrund Datenmengen auswerten, die den Einsatzkr?ften vor Ort nicht zur Verfügung stehen oder die zu komplex sind, um sie in kurzer Zeit zu berücksichtigen.“ Ein konkretes Anwendungsbeispiel bietet Social Media mit Facebook, Twitter und Co.: Hier lassen sich mithilfe von Künstlicher Intelligenz w?hrend eines Einsatzes Daten von ?ffentlich zug?nglichen Nachrichten klassifizieren und clustern. ?Wenn in Gro?schadenslagen die Aktivit?t in sozialen Medien steigt, k?nnen Einsatzkr?fte über KI auf bereits ausgewertete Social Media-Informationen zurückgreifen. So werden sie vor Ort nicht mit ungeordneten Informationen überflutet und sind weiter handlungsf?hig“, erkl?rt der Wissenschaftler.
Künftig w?re auch ein Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu Vorhersagezwecken in der zivilen Gefahrenabwehr denkbar, so Koch: ?Eine KI kann auf Basis von Sensordaten einsch?tzen, welche Sch?den und Eins?tze wann und wo zu erwarten sind und so die Einsatzkr?fte bereits auf den Weg schicken, bevor der Schadensfall eintritt.“
Im Forschungsprojekt ?ANYWHERE“ nutzen Koch und seine Kollegen Künstliche Intelligenz bereits, um Daten für Vorhersagen auszuwerten. Im Projekt wird eine gesamteurop?ische Plattform mit einer Reihe von Tools entwickelt. 360直播吧 soll es Beh?rden und Katastrophenschutzorganisationen künftig erm?glichen, extreme Klima- und Wettersituationen frühzeitiger als bislang vorab zu identifizieren. ?Im Projekt werten wir mithilfe von KI nutzergenerierte Daten aus. Die KI klassifiziert eintreffende, vom Bürger bereitgestellte Informationen und verknüpft sie mit weiteren, über die ANYWHERE-Plattform verfügbaren Ereignisdaten. Das Ziel ist es, sicherheitskritische Auswirkungen vorherzusagen und die Gefahrenabwehr vorzubereiten“, führt Koch aus.
Künstliche Intelligenz kann Kreativit?t und situatives Handeln nicht ersetzen
KI-Systeme, die systematisch Daten auswerten, bieten Unternehmen und Einsatzkr?ften also neue M?glichkeiten. Durch Fortschritte bei Künstlicher Intelligenz entstehen auch in der Robotik neue M?glichkeiten. ?360直播吧 wird in der Industrie bereits eingesetzt, um etwa Transport-, Lager und Produktionssysteme zu optimieren. Im Zivil- und Katastrophenschutz wiederum k?nnen Roboter auf Basis geeigneter Einsatzdaten teilautonom handeln und Einsatzkr?fte unterstützen – gerade in für Menschen gef?hrlichen Situationen“, erl?utert Koch.
Dass Künstliche Intelligenz den Menschen eines Tages überflüssig macht, h?lt der Wissenschaftler aber für ausgeschlossen: ?Ingenieure müssen Entscheidungen treffen und führen in der Konstruktion und Planung einen kreativen Prozess aus. KI kann bei Aufgabenstellungen unterstützen, nicht aber die Kreativit?t eines Ingenieurs ersetzen. Im Zivil- und Katastrophenschutz ist es ?hnlich: W?hrend eines Einsatzes müssen Einsatzkr?fte situativ schnell Entscheidungen treffen und intuitiv auf neue Situationen reagieren. Das kann absehbar nicht durch KI ersetzt werden. Au?erdem müssen Einsatzkr?fte Standardprozeduren einschlie?lich spontan erforderlicher Abweichungen generell ohne IT-Unterstützung beherrschen. Durch die Vielzahl m?glicher Variablen, die sich bei einem Einsatz ergeben, dürfte es auch schwierig sein, von KI-Systemen situationsspezifische Handlungsempfehlungen zu erhalten.“
Künstliche Intelligenz detailliert erforschen und behutsam einsetzen
Rainer Koch pl?diert dafür, Künstliche Intelligenz behutsam anzuwenden – insbesondere in sensiblen Bereichen: ?In Unternehmen müssen Entscheidungen transparent und nachvollziehbar sein. Wenn der Konstruktions- und Planungsprozess durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz komplexer wird, muss gerade in sicherheitskritischen Bereichen gew?hrleistet sein, dass die Technologie nicht oder nur eingeschr?nkt autonom handelt und Gründe für dieses Handeln stets unmittelbar nachvollziehbar sind. In der zivilen Gefahrenabwehr wiederum wird der Einsatz von KI vielfach noch erforscht. Hier müssen Chancen erst noch geschaffen und Risiken reduziert werden, damit marktreife, für Beh?rden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben angepasste KI-L?sungen bereitgestellt werden k?nnen.“
Text: Simon Ratmann, Stabsstelle Presse und Kommunikation
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