Stabile Energieversorgung durch künstliche Intelligenz: Paderborner Forschende und Unternehmen rücken Betriebs- und Regelungsverfahren für Microgrids in den Fokus
Die Transformation hin zu einer nachhaltigen, effizienten und kostengünstigen Energieversorgung ist eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Gro?es Potenzial bieten lokale Netze, sogenannte Microgrids. Bei den dezentralen und zellularen Energiesystemen, soll die Balance zwischen Energieangebot und -nachfrage bereits auf lokaler Ebene hergestellt werden. Die Herausforderung dabei: eine durchg?ngige und effiziente Energieversorgung auf Basis grüner Quellen. Datengetriebene und selbstlernende Verfahren k?nnten Abhilfe schaffen, doch die intelligenten L?sungen haben bis dato zahlreiche Schwachstellen. Hier setzt ein neues Projekt an, in dem Wissenschaftler*innen der Universit?t Paderborn, des SICP – Software Innovation Campus Paderborn sowie die Wirtschaftspartner WestfalenWIND GmbH und Westfalen Weser Netz GmbH Hand in Hand arbeiten. Ihr Ziel ist es, ein Open-Source-Rahmenwerk zu entwickeln, das Probleme adressiert, die beim Betrieb von dezentralen Energienetzen aufkommen k?nnen. Frei zug?ngliche und standardisierte Werkzeuge zur Erforschung datengetriebener Regler für die Energietechnik sollen dabei helfen, die Umstellung des derzeitigen Energieversorgungssystems auf eine nachhaltige und durch erneuerbare Energien gepr?gte Struktur im Kollektiv voranzutreiben. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) f?rdert das Projekt ?Trainings-, Validierungs- und Benchmarkwerkzeuge zur Entwicklung datengetriebener Betriebs- und Regelungsverfahren für intelligente, lokale Energiesysteme“ (DARE) seit Oktober 2021 für zwei Jahre mit rund 988.537 Euro.
Kleine Netze, gro?e Wirkung
Microgrids stellen eine wichtige L?sungskomponente für die Energiewende dar: 360直播吧 bestehen aus nachhaltigen Energiequellen wie Windkraftanlagen, Energiespeichern wie Batterien und Energieverbrauchern verschiedener Sektoren, etwa Elektrizit?t, W?rme oder Mobilit?t. Die lokalen Netze k?nnen sowohl netzgekoppelt als auch autonom im Inselbetrieb Haushalte und Industrieunternehmen mit Energie versorgen. ?Microgrids haben den Vorteil, dass durch deren lokale Integration regenerative Energie verbrauchsnah bereitgestellt und damit über kurze Entfernung direkt vom Verbraucher genutzt werden kann. Dadurch k?nnen überregionale Energienetze entlastet werden und der Bedarf für den Netzausbau sinkt. Au?erdem erh?ht sich wiederum der Anteil der regenerativen Energien, da der verlustbehaftete Transport über die langen Distanzen sowie unn?tige Abschaltungen regenerativer Kraftwerke aufgrund von Netzengp?ssen vermieden werden“, erl?utert Dr. Gunnar Schomaker, ?Research and Development Manager – Smart Systems“ im SICP.
Herausforderungen beim Betrieb von Microgrids
Allerdings gilt es, eine zentrale Herausforderung beim Betrieb von Microgrids zu bew?ltigen: die Sicherstellung einer durchg?ngigen und effizienten Energieversorgung durch Betriebs- und Regelungsverfahren. ?Eine stabile Energieversorgung ist in dezentralen Netzen – bedingt durch die Volatilit?t, also Schwankungen, regenerativer Kraftwerke und typischerweise nur geringe Speicher- und Reservekapazit?ten – deutlich schwieriger aufrechtzuerhalten als in zentralen Netzen, die durch konventionelle Gro?kraftwerke gestützt werden“, erkl?rt der wissenschaftliche Leiter des Projekts Dr.-Ing. Oliver Wallscheid vom Fachgebiet ?Regelungs- und Automatisierungstechnik“ der Universit?t Paderborn. ?Zum Betrieb und zur Regelung derart stochastischer, also vom Zufall abh?ngiger, heterogener und volatiler Energienetze k?nnen die traditionellen Top-Down-Strategien zentraler Gro?netze demnach nicht übertragen werden“, erg?nzt Jun.-Prof. Dr. Sebastian Peitz vom Fachgebiet ?Data Science for Engineering“.
?Als m?gliche L?sung zeichnen sich stattdessen datengetriebene und selbstlernende Verfahren ab, z. B. aus dem Bereich des sogenannten ?Reinforcement Learning‘. Hierbei ist jedoch das Problem, dass diese lernenden und neuartigen intelligenten Regelungsverfahren aufgrund von Sicherheits- und Verfügbarkeitsaspekten nicht unmittelbar im Feld eingesetzt werden k?nnen, sondern zun?chst auf Basis synthetischer, also künstlicher Daten, in einem geschlossenen Simulationszyklus verbessert und bewertet werden müssen“, so der Wissenschaftler weiter. Zwar gebe es bereits L?sungsans?tze, jedoch seien diese sehr heterogen und würden sich h?ufig an stark vereinfachten Modellumgebungen orientieren, sodass keinerlei Aussagen über einen zukünftigen Praxistransfer m?glich seien. Zudem gebe es keinen etablierten Vergleichsstandard anhand dessen datengetriebene Regler objektiv und quantifizierbar bewertet werden k?nnten.
Das will das Projektteam ?ndern: ?Ziel unseres Projekts ist es daher, ein sogenanntes ?Open-Source-Simulations- und Benchmarkframework‘ aufzubauen, das den derzeitigen Problemrahmen beim Betrieb dezentraler Energienetze abbildet. Durch leicht zug?ngliche sowie standardisierte Trainings-, Validierungs- und Vergleichswerkzeuge soll die Erforschung datengetriebener Regler für die Energietechnik mittels kollektivem Wissen beschleunigt und vergleichbar gemacht werden“, so Wallscheid. Durch die Verbindung von Theorie und Praxis wollen die Projektpartner*innen realistische Bewertungsszenarien erm?glichen und einen Transfer datengetriebener Regler von der Simulation hin zum Feldeinsatz leisten.
L?sung für Energieversorgung in Schwellen- und Entwicklungsl?ndern
Microgrids seien ein Kernelement der Energiewende, aber auch ein zentraler Baustein für die Herstellung der grunds?tzlichen Energieversorgung in Schwellen- und Entwicklungsl?ndern, so Wallscheid. ?Dass Microgrids nicht nur netzgekoppelt, sondern auch autonom im Inselbetrieb operieren k?nnen, ist ein typischer Fall für abgelegene, netzferne Areale. Neben dem Beitrag zur Energiewende in Europa stellt das Microgrid dementsprechend einen zentralen Baustein zur Herstellung der grunds?tzlichen Energieversorgung in Schwellen- und Entwicklungsl?ndern, insbesondere in der afrikanischen Subsahara dar, da dort der Aufbau einer zentralen Energieinfrastruktur in dünnbesiedelten, l?ndlichen R?umen auch langfristig nicht in Aussicht steht“, betont der Wissenschaftler.