Fallprozessierung und Fallkonstitution im organisierten Kinderschutz – Eine ethnographische Analyse von Gef?hrdungseinsch?tzungen nach §8a SGBVIII
?berblick
Das Projekt zielt auf eine qualitativ-empirische Rekonstruktion von Urteilen und Entscheidungen mit dem Fokus auf Verfahren der Fall- und Gef?hrdungseinsch?tzung, die lokal seit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetztes implementiert wurden. Ziel des Projektes ist es erstens, die heterogene Praxis der Gef?hrdungseinsch?tzung (sowie das Zustandekommen daran anschlie?ender Fallenscheidungen) auf der Organisations,- Verfahrens- und Instrumentenebene in drei kontrastiv ausgew?hlten Jugend?mtern zu explorieren. Zweitens soll das Zustandekommen von Fallentscheidungen durch den trans-sequenziellen Nachvollzug der materialen Fallkonstruktion in je konkreten Einzelf?llen praxeologisch rekonstruiert werden.
Motivation
Mit der wachsenden gesellschaftlichen Sensibilit?t für die Rechte und die Lebenssituation von Kindern sowie der medialen Skandalisierung besonders tragischer Kinderschutzf?lle rückt der Schutz von Kindern verst?rkt in den Fokus der ?ffentliche Diskussion, der Politik und der Forschung. Laut Kinder- und Jugendhilfestatistik sind die Zahlen der Verfahren zur Einsch?tzung einer Gef?hrdung des Kindeswohls (§ 8a SGB VIII) in den letzten Jahren deutlich angestiegen (Komdat 2019). Die amtliche Statistik verweist als Indiz für lokale, kommunale Unterscheide des Umgangs mit 8a-Meldungen auf regionale Unterscheide bezüglich der Zahl der Verfahren und der sogenannten Gef?hrdungsquoten (Mühlmann 2019). In den letzten Jahren lassen sich zunehmend Versuche verzeichnen Gef?hrdungseinsch?tzungen und Entscheidungsprozesse zu standardisieren (Albrecht et al. 2016, Büchner 2018; Dahmen/Kl?sener 2018), trotz eines relativ hohen Grades an Formalisierung und teilweise sehr detaillierten Verfahrensvorgaben besteht eine hohe lokale Diversit?t der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Zust?ndigkeiten, Verfahren und Ressourcen (Bode/Turba 214; Schone 2015, 282).
Ziele und Vorgehen
Mittlerweile liegen eine Reihe an Studien zur Organisation von Entscheidungsprozessen im Kontext von Gef?hrdungs- und Hilfeentscheidungen vor. Ein Gro?teil dieser Studien (Franzheld 2017; Bühler Nieberberger et. al. 2012, Alberth 2017, Eger 2009, Büchner 2018, B?wer 2012) beruhen methodisch überwiegend auf in Interviews erhobenen Fallnarrationen, wodurch Entscheidungsprozesse nur retrospektiv, als bereits getroffene Entscheidungen in den Blick genommen werden. Erste ethnographische Studien fokussieren Entscheidungsfindung in ASD Teams (Retkowski 2012; Wilk und Pothmann 2009), Aushandlungs- und Kommunikationsprozesse mit Familien (Sch?uble 2012, Pomey 2017) oder Hausbesuche im Kontext von Gef?hrdungseinsch?tzungen (Freres 2019). Nur wenige Studien haben bisher die Nutzung von standardisierten Einsch?tzungsb?gen im Kontext von Gef?hrdungeinsch?tzungen (Bastian 2019, Ackermann 2017) erforscht. Auch liegen bisher nur vereinzelt Studien vor, welche Fallkonstitution und - und Gef?hrdungsentscheidungen als organisatorisch eingebettete, aber in konkreten Situationen vollzogene Praktiken analysieren (siehe aber Ackermann 2017, 2019, Bastian 2019). Auch verweisen erste Studien auf eine gro?e lokale Diversit?t in der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Zust?ndigkeiten, Verfahren und genutzten Instrumenten hin (Bode und Turba 214; Schone 2015, 282). Wie sich diese auf situierte Entscheidungs- und Urteilprozesse auswirken ist bisher nicht ausreichen erforscht.
Key Facts
- Laufzeit:
- 01/2022 - 12/2025